Berge im Hintergrund, Herbstlaub und Weinberge gibt es auch an der Röhn

“Aber immer noch schäme ich mich sehr, dass ich mich mit diesem Virus angesteckt habe..”

Viele Wochen lang nach der Diagnose wollte ich nicht wahrhaben, dass ich HIV-positiv bin.

Nach der Diagnose bin ich auch nicht zur Behandlung gegangen. Ein halbes Jahr lang habe ich mich zurückgezogen und habe mich nur ganz selten unter Menschen getraut. Mein Hausarzt hat mich dann überredet einer psychosomatischen Reha-Maßnahme zuzustimmen. Zu dieser Zeit war ich sehr depressiv und habe Tabletten genommen. In der Klinik konnte ich dann zum ersten Mal mit jemandem über meine HIV-Infektion reden und habe gemerkt, dass dies möglich ist. Ich lernte jemanden kennen, der ebenfalls HIV hatte und der mir ans Herz legte, unbedingt nach der Reha-Maßnahme in eine Beratungsstelle zu gehen. Dies habe ich dann auch gemacht und nach vielen Gesprächen geht es mir heute sehr viel besser. Aber immer noch schäme ich mich sehr, dass ich mich mit diesem Virus angesteckt habe. Ich bin aber auch sehr wütend auf meinen Exmann, dem ich dies zu verdanken habe. Ich lebe in einer kleinen Gemeinde in der Rhön und habe meinen Exmann auf einer Party meiner Freundin in Aschaffenburg kennengelernt. Erst nach mehreren Jahren hat er mir erzählt, dass er regelmäßig nach Thailand gereist war. Ich habe ihn dann mal angesprochen, ob er gesund ist. Darauf hat er sehr wütend reagiert. Ich habe mich dann bei meinem Arzt testen lassen und meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr.

Jetzt bin ich wieder in mein Elternhaus gezogen. Nur meine Schwester und meine Mutter wissen von der Infektion. Im Dorf weiß es zum Glück niemand. Immer wenn ich beim Einkaufen war, dachte ich, die sehen es mir an, dass ich HIV habe. Einkaufen bin ich dann nur gegangen, wenn es unbedingt nötig war und meine Schwester mir nichts mitgebracht hat. Es war schrecklich für mich. Ich habe mich so geschämt.

Nachts konnte ich oft nicht schlafen und schlief dann am Tag. Vor der Infektion war ich viel unterwegs und bewegte mich viel. Da ich jetzt lange nicht mehr aus dem Haus ging, nahm mein Gewicht ganz schön zu.
Wenn ich heute auf diese Zeit zurückblicke, dann bin ich sehr dankbar dafür, dass ich in der Beratungsstelle eine Beraterin gefunden habe, die mir zugehört hat und vor der ich mich nicht geschämt habe. Sie hat mit mir kleine Schritte besprochen, die ich dann im Alltag umgesetzt habe.
Heute ist noch nicht alles so wie vor der Infektion. Dies wird auch nicht mehr so werden. Ich hoffe, dass ich bald wieder eine Arbeit finde und das Leben wieder ganz normal wird.

N.N.

Foto CC BY-SA 2.0 von Elodie M


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