Wir hatten ja bereits über „junge Swinger“ berichtet, welche nicht mehr viel mit dem alten Klischee der „Swinger-Clubs“ gemeinsam haben und oft mehr ein Rave, eine Party mit offen gelebter Sexualität als ein muffiges Etablissement mit Sauna ist. Dieser Trend ist ein neuer Aspekt von “Sexpositivity”.
Weiterlesen: Junge Swinger: Sexpositiv?„Sexpositiv“ – was ist das eigentlich?
Immer öfter taucht der Begriff „sexpositiv“ irgendwo auf, häufig auch in Verbindung mit sexpositiven Partys. Ist das ein neuer Trend, ein neuer Name für etwas, das es immer schon gibt? Was ist damit gemeint und was verbirgt sich dahinter?
Respektvoller Umgang mit Sexualität: Sex positiv
Der Begriff „Sexpositivity“ kommt aus dem Englischen und bedeutet, dass man seine und die Sexualität anderer ohne Vorbehalte annimmt und respektiert. Es geht um Aufgeschlossenheit und Akzeptanz, darum, sich auszuleben (natürlich immer einvernehmlich) und andere nicht zu verurteilen.
Seine Ursprünge hat der Begriff in Verbindung mit der feministischen Bewegung der frühen 80er Jahre in den USA, als Reaktion auf Versuche, Pornografie als Erklärungsmodell für die Unterdrückung von Frauen heranzuziehen. Freiheit und Selbstbestimmung in Bezug auf die eigene Sexualität standen dabei im Vordergrund.
In einem Interview wird Lila Donnolo zitiert, eine Podcasterin, die jahrelang in sexpositiven Wohngemeinschaften in Berlin und New York gewohnt hat. Sie sagt:
„Wir verstehen Sex als eine gesunde und natürliche Aktivität, einen Teil des Menschseins, einen Weg zu einem glücklichen Leben.“
Spiegel, 1/2024: „Wer ficken will muss freundlich sein“
Heutige Bedeutung von „sexpositiv“ und kritische Stimmen
Die heutige Verwendung des Begriffs bezieht sich in erster Linie auf die oben genannte respektvolle und akzeptierende Haltung bezüglich Sexualität und sexueller Vorlieben … Gleichwohl gibt es keine einheitliche Definition des Begriffes. Der DUDEN beschreibt den Begriff “Sexpositivity” als “[weitgehend] vorbehaltlose Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung, Wünsche und Vorlieben sowie der anderer Menschen”.
Kritische Stimmen rund um die weitreichende Verwendung des Begriffes gibt es weiterhin beim Thema Pornografie. Es gibt dazu immer noch ablehnende, aber auch akzeptierende Haltungen. Eine andere Gefahr ist, dass der Begriff von Menschen oder Unternehmen verwendet wird, ohne sich ernsthaft mit der Bedeutung und der dahinter stehenden Haltung auseinanderzusetzen, einfach weil es fürs „Marketing“ gut klingt.
Der Begriff „sexpositiv“ hat etwas Normatives, das heißt, er kann eine Norm oder Regel darstellen oder so empfunden werden. Dies kann Menschen das Gefühl geben, dass sie sich allen darin enthaltenen Ideen anschließen müssen, um nicht als negativ bzw. „sexnegativ“ herüberzukommen. Das könnte Druck ausüben und dazu führen, dass manche Personen sich ausgeschlossen fühlen, wenn sie nicht dieser „sexpositiven“ Norm entsprechen oder entsprechen möchten.
Auch wenn der Begriff aus der feministischen Bewegung kommt, sollten Männer dabei nicht ausgeschlossen werden … Denn natürlich spüren und erleben sie ebenfalls Druck und Erwartungen, wenn es um ihre Sexualität geht. Im Sinne der sexpositiven Akzeptanz wäre es wünschenswert, wenn alle Menschen, egal welchen Geschlechts, diese Offenheit und den Respekt erfahren.
Foto von the blowup
Mögliche positive Auswirkungen des sex-positiven Trends
Die Akzeptanz und Offenheit der sexpositiven Haltung kann nicht nur Auswirkungen auf die
Sexualität haben, sondern ganz nebenbei auch auf andere Bereiche: zum Beispiel auf die Einstellung, wie Körper auszusehen haben oder welche Körper als schön gelten.
Unter dem Schlagwort „Body Positivity“ – eine positive Grundhaltung gegenüber dem eigenen Körper – werden (ungesunde) Schönheitsideale hinterfragt.
„Sexualität und Behinderung“, ein Thema, das immer noch wenig Aufmerksamkeit erfährt und eher tabuisiert wird, könnte ebenfalls von der sexpositiven Haltung profitieren. Auch Menschen mit egal welcher Behinderung haben ein Recht auf und ein Bedürfnis nach Sexualität. Dies wahrzunehmen und anzuerkennen, ist ein wichtiger Schritt hin zu Gleichberechtigung.
Sexpositive Partys, Polyamorie, Rave und Co. – wie geht’s weiter?
Häufig hört und liest man von „sex-positiv“ in Verbindung mit Partys, die unter diesem Schlagwort beworben werden. Was es damit auf sich hat, und welche Begriffe und Bewegungen seit einigen Jahren noch im Gespräch sind, werden wir in unserem nächsten Beitrag genauer unter die Lupe nehmen.
Näher beleuchten werden wir dabei auch das Thema Polyamorie, über das unter anderem Deutschlandfunk Kultur schon im Jahr 2014 einen Bericht unter dem Titel „Weil Liebe nicht exklusiv ist“ veröffentlicht hat.
Die in der ARD-Mediathek abrufbare Serie „F*ck Berlin“ widmet sich einigen dieser oben genannten Themen. Neun Szenegängerinnen werden dabei begleitet, wie sie im Nachtleben der Hauptstadt ihre sexuelle Emanzipation erleben und über ihre Gefühle und Erlebnisse berichten.
Ganz egal ob in einer festen Partnerschaft, monogam, in einer offenen Beziehung, als Single oder mit wechselnden Partnerinnen und Partnern: sag’ ja zu Dir und Deinem Körper so wie er ist und lebe Deine Sexualität so wie Du willst – wichtig dabei ist und bleibt immer:
Schütze Dich und andere, und die Liebe wird mit Sicherheit besser!
Beitragsbild von Alex Preyer via Unsplash
Ein Kommentar:
Kommentare sind geschlossen.