Wir haben uns ja bereits mit dem Thema „Sexpositiv“ befasst und ein bisschen erkundet, was dieser Begriff bedeutet und in welchen Zusammenhängen er verwendet wird. Heute wollen wir noch ein wenig tiefer in das Thema einsteigen und zudem das Thema „Polyamorie“ aufgreifen.
Sexpositiv – was war das nochmal?
Sexpositiv zu sein heißt, die eigene Sexualität und die der anderen ohne Vorbehalte anzunehmen und zu respektieren. Es geht unter anderem darum, das eigene Sexualleben zu leben, natürlich immer einvernehmlich und ohne andere zu verurteilen. Im Zusammenhang mit Sexualität fällt häufig der englische Begriff Consent. Das Wort bedeutet hier die eindeutige Zustimmung bzw. Konsens zu Geschlechtsverkehr und anderen sexuellen Handlungen.
Menschen, die sich als sexpositiv sehen, bemühen sich um einen offenen und unverkrampften Umgang mit Sexualität und feiern diese Freiheit. Für diejenigen, die bei diesem Thema schüchtern und zurückhaltend sind, oder eher konservative Werte vertreten, kann das durchaus dazu führen, sich unter Druck gesetzt oder ausgeschlossen zu fühlen. Eine sexpositive Haltung sollte deswegen unbedingt auch diese Menschen wertfrei akzeptieren und respektieren.
Polyamorie – eine Folge der Sexpositivität?
Ein Thema, das in den letzten Jahren immer mehr an Aufmerksamkeit gewonnen hat, ist Polyamorie. Was heißt Polyamorie genau? Polyamorie ist ein Sammelbegriff für alle nicht monogamen Beziehungen, hat aber nichts mit „fremdgehen“ zu tun. Wenn man genauer hinsieht, gibt es solche Lebenskonzepte schon sehr lange, nur gab es früher nicht diesen Begriff dafür.

Polyamorie heißt nicht, einfach nur mit vielen Menschen Sex zu haben
Polyamorie wird von manchen nicht mehr als Tabu gesehen, wirkt weltoffen, modern und tolerant. Dabei haben sich vermutlich viele Menschen, die von sich selbst behaupten, polyamor zu sein, sich nie näher damit beschäftigt, was das wirklich bedeutet. Es bedeutet zum Beispiel nicht, einfach nur mit (möglichst) vielen Menschen Sex zu haben. Polyamore Beziehungen erfordern Transparenz, Kommunikation, auch viel Organisation, damit alle Beteiligten damit glücklich leben können und ganz wichtig: gegenseitige Zustimmung und Vereinbarung.
Manchmal entstehen polyamore Beziehungsmodelle, wenn monogame Beziehungen geöffnet werden. Gerade dann ist es wichtig, die genauen Spielregeln festzulegen, um keinen der Partnerinnen und Partner zu verletzen. Das Gefühl, also die Liebe, mag grenzenlos sein und man mag sie mit vielen Menschen teilen können, ohne dass jemand einen Nachteil davon hätte.
Polyamorie – zu Unrecht stigmatisiert?
In unserer Gesellschaft, die traditionell von christlichen Werten geprägt ist, gilt Monogamie immer noch als „normal“ und erwünscht. Polyamorie hingegen ist eher stigmatisiert. Lässt sich die Vorstellung von Monogamie als ideale Lebensweise in der Realität noch aufrechterhalten?
Die Zeiten ändern sich
Die Zeiten, Gesellschaften und damit verbundene Normen und Werte verändern sich. Das scheint Auswirkungen auf den eigenen Stellenwert von Sexualität, Selbstverwirklichung und Wunsch nach nicht mehr monogamen Beziehungen zu haben. Vor allem für Frauen hat sich die sozioökonomische Abhängigkeit vom Partner und Ehemann stark verändert. Das kann bei vielen Frauen den Wunsch nach Unabhängigkeit wecken, verstärken und Räume für neue Lebensentwürfe öffnen.
Die zunehmende Enttabuisierung anderer Beziehungsformen als nur der heterosexuellen Partnerschaft und Ehe, sowie von Sexualität allgemein, erlaubt es Menschen zunehmend, über neue und andere Liebeskonzepte nachzudenken oder diese vielleicht auch für sich selbst auszuprobieren. Sexpositiv bedeutet, alle Formen der gelebten Sexualität und Beziehung mit Respekt zu begegnen und zu akzeptieren. Keine Entscheidung soll dabei stigmatisiert oder aufgezwungen werden.
Alles darf nebeneinander bestehen!
