Mit HIV kann man (heute) lang leben – Alltägliche Diskriminierungen sind für Infizierte schlimmer als die Infektion selbst
Das Outing
Conchita Wurst bekannte sich kürzlich zu Ihrer HIV-Infektion. Ihr Bekenntnis erfolgte allerdings nicht, weil sie entschieden hatte auf ihre Erkrankung aufmerksam zu machen. Sie wurde von einem ehemaligen Freund erpresst. Er drohte ihr, mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit zu gehen. Deshalb sah sie sich zu diesem Schritt gezwungen. Derart in die Ecke gedrängt, nahm sie ihren Mut zusammen und informierte via Posting auf Instagram über ihren HIV-Status. Sie selber schrieb dazu auf Instagram.
„ich bin seit vielen jahren hiv-positiv. das ist für die öffentlichkeit eigentlich irrelevant, aber ein ex-freund droht mir, mit dieser privaten information an die öffentlichkeit zu gehen, und ich gebe auch in zukunft niemandem das recht, mir angst zu machen und mein leben derart zu beeinflussen.“
Sie nahm das Heft des Handelns in die Hand und ging mutig voran. Sie wollte selbst bestimmen, wie die Öffentlichkeit von ihrer Infektion erfahren sollte. Was folgte, war eine Welle an Solidaritätsbekundungen unter ihrem Posting aber auch in anderen sozialen Netzwerken. Soweit die gute Nachricht. Allerdings ließen Hetzer und Trolle nicht lange auf sich warten. Schon kurz nach dem Outing ergossen sich unmenschliche Häme, sowie Unmengen an homo- und transphoben Hetzkommentaren in die Streams der sozialen Netzwerke. Sie richteten sich gegen Conchita und die LGBTI-Community im Allgemeinen,
Conchita Wurst hat mit ihrem erzwungenen Outing dem Thema HIV nicht nur zu verstärkter Aufmerksamkeit verholfen, auch die alltägliche Diskriminierung, der viele HIV-positive Menschen alltäglich ausgesetzt sind, rückt durch die vielen Hasskommentare wieder in den Fokus. Das Thema war ihr bereits vorher wichtig. Immer wieder nutzte sie ihre Popularität, um auf HIV aufmerksam zu machen. Dazu zeigte sie sich mit Red Ribbon auf Veranstaltungen, erschien auf AIDS-Gala-Abenden und sammelte Geld für entsprechende Organisationen.
Die Reaktionen im Netz
Ähnlich wie bei der Diskussion um Flüchtlinge, oder wenn ein Gewaltverbrechen in Deutschland die Schlagzeilen dominiert, zeigten sich die “sozialen Netzwerke” wieder einmal von ihrer schlechten Seite. Aus ihrer vermeintlichen Anonymität heraus hetzen und beleidigen immer wieder User und sogenannte Troll-Accounts gegen alles vermeintlich andere in diesem Land. Wieder einmal zeigt sich, wie weit der Weg noch ist, bis gegen HIV-positive Menschen gerichtete Ungerechtigkeit und Hass ein Ende finden. Das Netz ist dabei ein Spiegel der Gesellschaft und bei solchen Ereignissen wird ihr dieser vorgehalten. Selbst Personen die gut informiert sind. Personen, die wissen, was es bedeutet an HIV erkrankt zu sein, beziehungsweise die Risiken genau kennen, begegnen HIV-positiven Menschen mit Ablehnung, Ausgrenzung und Diskriminierung. Sie verweigern ihnen einen Job, die Behandlung beim Arzt oder distanzieren sich im alltäglichen Leben von ihnen.
Gemeinsam gegen Diskriminierung von HIV-positiven Menschen
Gegen Diskriminierung anzugehen ist eine Aufgabe, der wir uns alle zu stellen haben. Die Menschen müssen besser über die HIV-Infektion Bescheid wissen, auch wenn sie meinen, dass es sie nicht betrifft. Sie müssen wissen, dass ein Leben mit HIV nicht mehr den unweigerlichen und schnell nahenden Tod bedeutet. Sie müssen wissen, dass die Medikamente die HIV-Erreger im Blut unter die Nachweisgrenze drücken, so dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. HIV-positive Menschen verdienen denselben Respekt wie alle anderen Menschen. Ablehnung und Ausgrenzung trifft sie oft schwerer, als ein Leben mit HIV.
Mit HIV kann man heute lange leben. Man kann von einer nahezu normalen Lebenserwartung ausgehen. Diskriminierung und Ausgrenzung aber können Betroffene tief in die Depression und sogar zum Suizid treiben.
Conchita Wurst schreibt auch:
“ich hoffe, mut zu machen und einen weiteren schritt zu setzen gegen die stigmatisierung von menschen, die sich durch ihr eigenes verhalten oder aber unverschuldet mit hiv infiziert haben.”
Foto von amadeus awards via Flickr cc-by-sa-2.0